Interview mit dem Rechtsanwalt und Immobilienexperten Sven Johns
Wird eine Immobilie vererbt, gibt es meistens nicht nur einen Alleinerben, sondern eine Erbengemeinschaft, unter der das geerbte Vermögen aufgeteilt werden muss. Im Interview erklärt Rechtsanwalt Johns, welches die ersten Schritte sind, die Erben in dieser Situation unternehmen sollten.
Herr Johns, was raten Sie Erben, die eine geerbte Immobilie zwischen mehreren Parteien aufteilen müssen? Wie sollten sie da am besten rangehen, um schnell zu einer Einigung zu kommen?
„Ganz am Anfang steht natürlich die große Frage, was ist die Immobilie wert? Das heißt, der erste Weg in diesem Zusammenhang führt zum Immobilienmakler oder führt zum Sachverständigen, um den Immobilienwert zu ermitteln – und zwar nicht nur grob zu ermitteln. Man kann zwar auch sagen, wir gucken das erstmal im Internet nach oder sehen uns vielleicht ein paar Vergleichsimmobilien in der Gegend an, aber das nützt einem dann nichts, denn ein Unterschied von 40.000 oder 50.000 Euro in der Auseinandersetzung von mehreren Erben bedeutet, wenn einer der Erben die Immobilie behalten will, dass er den anderen dann so viel mehr auszahlen müsste.“
Zuerst sollte also ein Wertgutachten erstellt werden, wie geht es dann weiter, wenn der Wert der Immobilie bekannt ist?
„Aus anwaltlicher Sicht: die häufigste Schwierigkeit besteht darin, dass gemeinschaftlich ein Wert gefunden wird, mit dem alle Erbberechtigten so gut leben können, dass sie sagen, okay, wenn dieser Wert rauskommt, dann können wir uns auf einen Auseinandersetzungsplan einigen. Entweder einer der Erben übernimmt die Immobilie oder die Immobilie wird veräußert, und aus dem Veräußerungsgewinn wird nach Tilgung der eingetragenen Belastungen an die Mitglieder der Erbengemeinschaft der jeweilige Anteil des übrigbleibenden Verkaufserlöses ausgezahlt.“
Wie können Erben überhaupt herausfinden, welche Belastungen da noch getilgt werden müssen, wo sind die denn eingetragen oder aufgelistet?
„Man kann das nicht anhand des Grundbuchauszuges direkt erkennen, wie hoch die tatsächliche Belastung ist. Wenn die Immobilie mit einer Grundschuld belastet ist, also ein Darlehen noch nicht abbezahlt wurde, kriegt man das durch den Darlehensvertrag raus. Da gibt es hinten eine Aufstellung pro Monat mit der Rate, die man im Monat bezahlt, sodass man genau erkennen kann für einen bestimmten Monat, wie hoch valutiert denn da jetzt noch die Belastung aus dieser Grundschuld. Es kann auch sein, dass beispielsweise ein Bausparvertrag noch im Grundbuch an zweiter Stelle in Abteilung 3 eingetragen ist, weil der Erblasser vielleicht mit einem Bausparvertrag das Bad und die Küche renoviert oder irgendwann eine neue Heizung gekauft hat. Man muss dann eben auch da gucken, was müsste noch zurückgezahlt werden? Mit diesen ganzen Aufstellungen, die man so ermittelt, und dem, was dann rauskommt, kann die nächste Überlegung beginnen.“
Man zieht also den Saldo aus dem ermittelten Immobilienwert und den Belastungen, die man herausgefunden hat – und dann weiß man, was es zu verteilen gibt?
„Ja, und erst dann stellt sich die Frage: Wird verkauft? Will einer der Erben die Immobilie behalten? Kann derjenige, der die Immobilie „behält“, die anderen in kompletter Höhe auszahlen, und wie ermittelt man diesen Auszahlungswert? Vor der Einleitung einer tatsächlichen Vermögensauseinandersetzung kann ich nur dringend dazu raten, dass man genau diese Überlegungen anstellt, und dass alle Beteiligten sich zuerst darüber klar werden: Wie hoch ist eigentlich der Auseinandersetzungswert?“
Rechtlicher Hinweis: Dieser Beitrag stellt keine Steuer- oder Rechtsberatung im Einzelfall dar. Bitte lassen Sie die Sachverhalte in Ihrem konkreten Einzelfall von einem Rechtsanwalt und/oder Steuerberater klären.
Foto: © burdun/Depositphotos.com
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